Die Trümmer von Urbistaris

Bei dem nun folgenden Text handelt es sich um einen Auszug aus dem Manuali Planear, dem legendären Buch der Pforten aus der Feder des Terkis-Priesters und Ebenenwanderers Junus Clarmont.

Inhalt

  • Einleitung
  • Eigenschaften der Trümmer von Urbistaris
  • Tore zu den Trümmern von Urbistaris
  • Die Bewohner der Trümmer von Urbistaris
  • Bedingungen in den Trümmern von Urbistaris

Einleitung
„Urbistari ist der Friedhof der Welten.
Es ist eine endlose Weite zerstörter Bauten einer fremdartigen, zyklopischen Architektur, die unter einem ewig grauen Himmel in ihrer leblosen Stille liegt.
Meter für Meter findet man gewaltige Ruinen kunstvoll gemauerter Bauwerke, unzählige Male ineinander verschachtelt und ein Wald abgebrochener Türme erstreckt sich in dem unwirklichen Zwielicht bis zum finsteren Horizont.
Urbistaris ist eine gewaltige, unendliche Stadt und ein Moloch der Einsamkeit.
Reisende können von der Ebene der Erde oder über den Staubigen Abgrund hierher gelangen und jeder, den ich bisher sprach von denen, die von einer Reise in die ewige Stadt zurückgekehrt sind, schilderte denselben ersten Eindruck.
Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und eine beklemmende, übermannende Stille.
Auch ich selbst fühlte mich bei meinem ersten Ausflug nach Urbistaris unwohl.
Man hat das Gefühl, an einem Ort zu sein, an dem man nicht willkommen ist.
Stunde um Stunde, Tag um Tag kann man hier durch verlassene Gassen, über einsame Plätze und durch leblose Paläste wandern, über kunstvolle, vom Wind umtoste Brücken, die über ausgetrockneten Flussläufen hängen und zu Schwindel erregend hohen Türmen hinaufsteigen.
Doch das, was Reisende hierher lockt, sind zweifellos die sagenhaften Schätze, die man hier finden kann.
Unter fingerdicken Staubschichten warten Barren von Silber und Mithril in Kammern, deren Wände mit vergoldeten Reliefarbeiten übersäht sind.
In den Pfeilern der Torbögen leuchten wertvolle Edelsteine und Kristalle von unbekannter Herkunft und Perlen in der Größe von Orangen zieren die schattenverhangenen Alkoven.
Doch nichts Lebendiges wird einem hier begegnen.
Nur Stein, Staub und Metall.
Kein Splitter Holz, nicht mal Moose, Pilze und Flechten sind hier zu finden.
Und kein Wasser, nicht ein Tropfen ist auf der gesamten Ebene zu finden, obwohl die Gebeine zerstaubter Kanäle, kunstvolle Wasserleitungen und prächtige fremdartige Wasserspeier und Zisternen allgegenwärtig sind.
Kein Vogel streift durch die Luft und nicht mal Ratten kriechen durch die Trümmer.
Selbst Ungeziefer, Spinnen und ähnliches sucht ein Reisender hier vergebens.
Nie bin ich in Urbistaris lebendigen Wesen begegnet, höchstens solchen, die auf ähnlichem Wege wie ich hierher gelangt sind.
Ich betone das Wort ‚lebendig’, denn in den verwinkelten Straßen von Urbistaris ist man keineswegs allein.
Bedauerlicherweise.
Durch die Schatten der Ruinen und der unregelmäßigen, verstörend finsteren Nächte schleichen untote Wesen und andere Kreaturen.
Stämme von hinterhältigen Ghulen warten nur darauf, unvorsichtige Ebenenwanderer und Gestrandete aller Art in die Falle zu locken und bei lebendigem Leibe zu zerreißen.
Wahnsinnige Geister und Rudel niederer Gruftschrecken lauern in den Ruinen und mächtige untote Wesenheiten haben sich an den einsamsten Plätzen der unendlichen Stadt niedergelassen.
Und jeder, der hier sein Leben lässt, aus welchem Grund auch immer, gesellt sich unweigerlich zu ihnen.
Scharen verschlagener Gargylen hausen in den Türmen und auf den Zinnen der ruinösen Bauten und stürzen sich auf steinernen Schwingen auf alles Lebendige, das ihnen unter die wachsamen Augen kommt.
Dämonen, und vor allem Dravoten nutzen die zahlreichen Portale in den Staubigen Abgrund um in der Stille von Urbistaris ihren verdorbenen Machenschaften nachzugehen.
Die wenigsten Ebenenwanderer, die nach Urbistaris kommen, haben die unendliche Stadt als Ziel, sondern nutzen die Ebene als Hintertür zum Staubigen Abgrund oder der Elementarebene der Erde.
Viele nicht freiwillig…
Die geringe Zahl derer, die gezielt nach Urbistaris reist, besteht entweder aus Plünderern oder aus Nekromanten und Todespriestern, die in der Unendlichkeit der morbiden Ebene den sagenumwobenen Turm des Gondrakuul suchen, aber Verderben finden.
Niemand auf allen mir bekannten Ebenen vermag zu sagen, was für ein Ort diese gigantische Stadt wirklich ist.
Woher sie kommt, mit all’ ihren Schätzen und tödlichen Schrecken.
Die Cromisten behaupten, Urbistaris sei der Ort, an der die Überreste der urzeitlichen Zivilisationen unter den Alten Göttern versammelt sind.
Andere Philosophen glauben, Urbistaris wäre die Manifestation der Zivilisation, die ihre Nutznießer vernichtet und überlebt hat.
Wie auch immer, ein hoch ungemütlicher Ort und, für meine Begriffe, kaum eine Reise wert…“


Eigenschaften der Trümmer von Urbistaris
Normale Gravitation
Normaler Zeitverlauf
Die Zeit auf der Ebene vergeht in der gleichen Geschwindigkeit wie auf der Materiellen, doch es ist schwieriger, diesen zu verfolgen. Der Zyklus von Tag und Nacht ist auf Urbistaris chaotisch.
Manche Tage sind dort nur wenige Stunden lang, manchmal aber auch Wochen. Der Wechsel von Tag zu Nacht und umgekehrt geschieht ohne Vorzeichen und innerhalb weniger Augenblicke.
Normale Magie mit Ausnahme von Nekromantie-Zaubern
Zauber aus der Schule der Nekromantie werden behandelt, als wäre der Anwender zwei Stufen höher, als er gegenwärtig ist. Diese Eigenschaft hat nur Auswirkungen auf den Effekt des Zaubers, nicht aber auf die Anzahl der verfügbaren Zauber oder die bekannten Zauberstufen.
Hoffnungslosigkeit
Charaktere können auf Urbistaris keine Actionpunkte anwenden.
Charaktere, die sich nicht durch Magie vor den Einflüssen der Ebene schützen können, erhalten für die Dauer ihres Aufenthaltes -2 auf Charisma.
Für jeden Tag (unabhängig vom Urbistaris-Zyklus) erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Auswirkung permanent wird, um 10%.
Resistenz gegen Vertreibung
Untote Kreaturen in den Trümmern von Urbistaris werden so behandelt, als hätten sie TW +2, wenn ein Kleriker sie vertreiben oder beeindrucken möchte.
In allen anderen Punkten gellten sie als Untote mit ihren tatsächlichen TW.
Untotes Auferstehen
Jede Kreatur, die auf Urbistaris ihr Leben lässt (egal aus welchem Grund), erhebt sich nach 1W12 Stunden als untotes Wesen.
Üblicherweise erhebt sich ein Wesen, das von einem Untoten getötet wurde, als Untoter von der selben Art. Kam die Kreatur auf andere Art ums Leben, richtet sich die Form der Auferstehung entweder nach der Art seines Todes oder nach der Anzahl TW, die es als lebendes Wesen besaß.
Leichtgradig veränderlich
Die Ebene von Urbistaris ist einem ständigen Zyklus von Veränderung und Erneuerung unterworfen, der allerdings nahezu unbemerkt verläuft.


Tore zu den Trümmern von Urbistaris
„Neben temporären und auch permanenten Portalen zu den Trümmern von Urbistaris (Letztere sind sehr selten) auf der Astralen Ebene, gelangen Reisende vor allem durch den Staubigen Abgrund und die Elementarebene der Erde auf diese Ebene.
Auf diesen Ebenen existieren etliche natürliche Übergänge nach Urbistaris, von denen ein großer Teil jedoch nur in diese Richtung führt und eine Rückkehr auf demselben Weg unmöglich macht.
Ebenenwanderer seien also gewarnt vor unüberlegten Ausflügen in die Trümmerstadt und sollten über Möglichkeiten verfügen, die Ebene auf anderem Wege wieder verlassen zu können.
Zu viele Unbedarfte sind auf diesem Wege dort gestrandet und haben ein rasches Ende gefunden.
Gerüchten zufolge existieren in den Tiefen Schatten Pfade nach Urbistaris, doch ich selbst habe einen solchen nie entdeckt.
In einigen Städten der Ebenen kann man Führer finden, die einen nach Urbistaris führen und, mit Glück, wieder zurück.
Ich persönlich würde solchen Angeboten grundsätzlich mit Misstrauen begegnen, denn kaum ein Ebenenwanderer würde sich leichtfertig nach Urbistaris begeben, ganz gleich wie lukrativ der Lohn sein mag.
Mir ist schon zu Ohren gekommen, das Handlanger der Dravoten sich als Führer ausgeben, um leichtfertige Abenteurer in die Fallen ihrer Herren zu locken, wo diese im besten Fall als Sklaven enden.
Die Gilde der Führer in Ormal Shar’Rell hat einige wenige Mitglieder in ihren Reihen, die für sehr stattliche Summen das Wagnis eingehen, Besucher über die Ebene zu führen.
Die meisten von diesen Leuten sind Merkanier und Despyr, denen man im Allgemeinen vertrauen kann.
Allerdings würde keiner dieser Führer garantieren, dass man lebendig und in einem Stück zurückkehrt und es ist zu erwarten, dass diese Männer und Frauen in brenzligen Situationen ihre eigene Haut retten und sich nicht um Ahnungslose scheren, die dumm genug sind, Unsummen für eine Reise zum Friedhof der Ebenen zu bezahlen.“


Die Bewohner der Trümmer von Urbistaris
„Ein guter Rat, Kameraden. Wenn ihr da draußen in den finsteren Gassen irgendwas hört, und sei es nur das Poltern eines Steines, oder etwas seht, Lichter oder auch nur eine Bewegung, dann lauft.
Bei allen Göttern, lauft um euer Leben…“

- Leslix Iggbanir, Tiefling-Grabräuber aus Ormal Shar’Rell zu einer Gruppe Ahnungsloser vor ihrem ersten Ausflug zu den Trümmer von Urbistaris

Ghule
„Welchen Ebenenwanderer man auch nach den schrecklichen Bewohnern von Urbistaris fragt, jeder erwähnt die untoten Kreaturen der Trümmerstadt zuerst.
Horden niederer Untoter wie Ghule und Gruftschrecken schleichen durch die endlosen Gassen und Straßen, unermüdlich auf der Suche nach Lebenden.
Und so mancher Priester, der sich erfahren im Umgang mit diesen lebenden Toten wähnte, erlebte eine böse Überraschung, denn im Gegensatz zu den Exemplaren auf der Materiellen Ebene, verfügen diese Wesen über eine teuflische Intelligenz und sogar eine martialische Kultur.
Am ehesten kann man die Ghule und Gruftschrecken wohl mit den Orks des Zentralen Westens Angraenors und anderer Regionen der bekannten Welt vergleichen.
Der Kern ihrer primitiven Kultur ist die Jagd nach Lebenden, denen sie mit einer erschreckenden Leidenschaft und dämonischer Hingabe nachgehen.
Man erzählt sich, sie verehren finstere Götter, vermutlich den alten Gondrakuul oder andere finstere Mächte.
Wahrscheinlich beten sie um lebendes Fleisch, dass ihren unbezähmbaren Hunger für eine Weile zu bezähmen vermag.
Ich denke, keiner von denen, die bisher von ihren scharfen Klauen zerfetzt wurden, war geistesgegenwärtig genug, zu fragen…
Ihre Sprache ist alt und fremdartig.
Ich erinnere mich an eine meiner Expeditionen im Dienste meines ehrwürdigen Damars, die auf grauenvolle Weise vom Unglück verfolgt war.
Eine große Horde grauhäutiger Ghule fraß meine Begleiter, während es mir gelang, im Schutze der Schatten und mit der Gunst meiner Magie unentdeckt zu bleiben.
Die wenigen Worte, die ich hören konnte, bevor sich eine gesegnete Gelegenheit zur Flucht ergab, erinnerten mich an die uralte Muttersprache der Hochelfen, die man heutzutage nur noch in den verbotenen Archiven Elosaris findet.
Eine gewisse Verbindung zwischen den Ghulen und den Elfen scheint zweifellos zu bestehen, denn mehr als ein Ebenenwanderer berichtete mir schon, dass sie Angehörige dieser Rasse bei ihren Angriffen verschonen und diesen sogar aus dem Weg gehen.
Die Tatsache, dass Elfen gegen ihre Gabe Opfer zu lähmen immun sind, kann nicht der alleinige Grund sein…
Von kalter Berechnung zeugen auch ihre barbarischen Überfälle.
Sie töten zwar jeden Lebenden, der ihnen in die Klauen gerät, doch sie verzehren nicht alle.
Wenn sie bei Kämpfen Verluste erleiden, lassen sie eine gewisse Anzahl von Leichen unversehrt um ihre Reihen wieder zu schließen (was darauf schließen lässt, dass ihnen diese Eigenschaft der Trümmer von Urbistaris durchaus bewusst ist und sie diese zu ihrem Vorteil nutzen).
Die Ghule leben in hierarchischen Gemeinschaften beisammen, die an Stammesstrukturen erinnern und jede Ghulhorde hat einen Anführer (für gewöhnlich das stärkste oder intelligenteste Exemplar).
Außerdem scheint jede Horde ein festes Territorium zu behausen, denn Opfer, die auf der Flucht vor diesen Untoten waren, berichteten vielfach davon, dass ihre Verfolger die Jagd aufgaben, nachdem die Fliehenden gewisse Plätze, Brücken oder Straßenzüge hinter sich gelassen hatten.“

Gruftschrecken
„Auf die unheimlichen Gruftschrecken, deren Berührung allein einem Unglücklichen buchstäblich das Leben aus den Knochen zu saugen vermag, treffen nicht alle dieser Eigenschaften zu.
Gruftschrecken leben scheinbar in weitaus kleineren Gemeinschaften und obwohl ihnen das fahle Licht der Ebene nichts anzuhaben vermag, begegnet man ihnen vorwiegend in unterirdischen oder anderen schattigen Regionen der riesigen Stadt.
Nur in den finsteren Nächten wagen sie sich unter freien Himmel und vorsichtige Besucher dieser Ebene sollten diese Tatsache zu ihrem Vorteil nutzen, denn eine Begegnung mit diesen Untoten erscheint mir bei weitem gefahrvoller als ein Überfall der Ghule.
Viele dieser Kreaturen beherrschen Magie und ich habe von besonders mächtigen Exemplaren gehört, die ganze Horden von Ghulen unterworfen haben.
Zwar hungern auch diese Wesen nach dem Fleisch der Lebenden, doch viel mehr scheinen sie ein Interesse daran zu haben, zu ergründen, wie diese nach Urbistaris gelangt sind.
Betritt man die Trümmer von Urbistaris durch ein permanentes Portal, so kann man sich nahezu sicher sein, dass mehrere Gruftschrecken in unmittelbarer Nähe lauern.
Sie scheinen versessen darauf, Portale zu finden, durch die sie die Ebene verlassen können und, bei Terkis, wer will es ihnen verübeln?
Wahrscheinlich ist auch das der Grund dafür, dass man in den benachbarten Ebenen wie dem Staubigen Abgrund vermehrt auf diese Wesen treffen kann.
Ich selbst bin sogar schon in den Gassen von Ormal Shar’Rell auf urbistarische Gruftschrecken gestoßen und ich kann nicht behaupten, dass ich auf diese Begegnungen mit Freude zurückblicke.“

Andere untote Kreaturen
„Obwohl Ghule und Gruftschrecken mit Sicherheit die zahlreichsten untoten Bewohner dieser Ebene sind, so sind sie bei weitem nicht die einzigen.
Urbistaris ist die Heimat mächtiger Geister, Todesalben und Leichname.
Letztere scheinen die Einsamkeit der Ebene zu nutzen, um ungestört ihren Forschungen oder anderen Leidenschaften nachzugehen.
Flaemgiostar, der uralte ehemalige Erzmagier von Nova Bakairis, soll, Gerüchten zufolge, irgendwo in den unendlichen Trümmern hausen und seine untote Unsterblichkeit für abscheuliche Studien nutzen.
Ich persönlich habe jedoch nie jemanden getroffen, der ihn mit eigenen Augen gesehen hat.
Obwohl immer wieder Berichte über mächtige Vampire auf Urbistaris die Runde machen, bezweifle ich es, das diese Erzählungen auf Wahrheit gründen.
Die Abhängigkeit dieser Kreaturen vom Lebenssaft der Sterblichen macht ihnen ein längeres Verweilen auf der leblosen Ebene nahezu unmöglich, es sei denn, ein permanentes Portal stände ihnen zur Verfügung.
Auch mächtige Magie könnte ihnen das Überleben sichern, doch was sollte ein Vampir auf Urbistaris vorfinden, dass diesen Aufwand rechtfertigen könnte?
Andererseits reise ich schon zu lange über die Ebenen als das ich mich dazu hinreißen ließe, mir vorschnelle Meinungen zu gönnen…“

Ulgusthraten
„Eine der grausigsten Bedrohungen dieser Ebene sind zweifellos die riesigen Ulgusthraten, gigantische untote Würmer, gegen die die Purpurwürmer der Materiellen Ebene wie zwergenhaftes Ungeziefer wirken.
Diese verstandlosen Bestien graben sich auf der Suche nach Lebenden durch den Untergrund der gewaltigen Stadt und brechen plötzlich aus dem Boden, wobei ihre gigantischen Mäuler alles verschlingen, was ihnen in die Quere kommt.
Zum Glück für Ebenenwanderer scheinen diese Ungeheuer nicht sonderlich zahlreich zu sein.
Ich selbst habe nie eines dieser Wesen zu Gesicht bekommen und ich kann nicht behaupten, dass mich dieser Umstand sonderlich betrübt, denn wahrscheinlich wäre ich dann nicht mehr am Leben, um diese Zeilen zu verfassen.
Doch ich habe ihre Spuren gesehen, die gewaltige Zerstörung, die sie anrichten, wenn sich ihre riesigen Leiber gnadenlos durch die Bauten von Urbistaris wälzen.
Gerade Reisende, die sich in den weitläufigen Untergrund der Ebene wagen, sollten dieser Bedrohung gewahr sein, denn ihre Bewegungen führen zu gewaltigen Beben, die dafür sorgen können, dass die Gänge und Gewölbe, durch die man gekommen ist, auf dem Rückweg einfach nicht mehr vorhanden sind.“

Gargylen
„Doch nicht nur untote Wesen lauern in den Trümmern auf Beute.
Schwärme blutrünstiger Gargylen fliegen auf steinernen Schwingen erschreckend lautlos durch die Nacht und suchen nach Beute.
Heimtückisch sind diese Kreaturen, denn sie sind nur schwerlich von den teuflischen Statuen und Wasserspeiern zu unterscheiden, die die meisten Gebäude und Plätze von Urbistaris zieren.
Meist verharren sie bewegungslos, bis sich ihre Opfer in einen Hinterhalt begeben haben, aus dem es meist kein Entkommen gibt.
Die Tatsache, dass diese Ungeheuer gegen gewöhnliche Waffen nahezu immun sind, erhöht die ohnehin beträchtliche Gefahr, die von ihren Überfällen ausgeht.
Jeder Reisende, der einen Aufenthalt in den Trümmern von Urbistaris nicht zu vermeiden vermag, sollte dafür sorgen, das er zumindest eine magische Waffe sein eigen nennt, um sich gegen diese geflügelten Bestien zur Wehr setzen zu können.
Auch die Gargylen verfügen über eine bösartige Intelligenz, doch sie sind stumm und verständigen sich über eine komplizierte Zeichensprache, die sich aus der Bewegung ihrer Klauen und ihrer gewaltigen Schwingen zusammensetzt.
Bis heute bin ich niemandem begegnet, der sich mit dieser Sprache näher beschäftigt hat und ich muss zugeben, dass auch mich diese Aufgabe nicht im Geringsten reizt, doch dieser Umstand ist der Grund dafür, dass man über die Kultur und die Lebensweise dieser Wesen bis heute nahezu nichts weiß.“

Dravoten
„Unter den Wesen, die zwar nicht auf Urbistaris heimisch sind, dort aber relativ häufig sind, sind vor allem die Dravoten zu erwähnen.
Die unmittelbare Nachbarschaft zum Staubigen Abgrund, der Heimatebene dieser Externare, mag dafür verantwortlich sein.
Einige der wenigen bekannten Portale zwischen Urbistaris und dem Staubigen Abgrund befinden sich in der Hand heimtückischer Dravoten-Fürsten.
Was genau die verschlagenen Externare nach Urbistaris zieht, vermag ich nicht zu sagen.
Vielfach scheinen es solche zu sein, die in nekromantischen Künsten bewandert sind und die schier unendliche Zahl von Untoten auf dieser Ebene nutzen, um geeignete Handlanger zu unterwerfen.
Der berüchtigte Dravotenfürst Mephiramon befehligt ganze Legionen von Ghulen und hat sogar, wenn man Gerüchten aus den Tavernen von Abrastarkia Glauben schenken mag, einen ausgewachsenen Ulgusthraten unter seiner Kontrolle.
Seine schreckliche Festung Organarev, ein Bollwerk aus schwarzem Marmor, sollte jeder Besucher der Trümmer um jeden Preis meiden.“

Götter
„Obwohl die Schrecken, die ich in den vergangenen Zeilen beschrieb schon fürchterlich genug sind, komme ich nicht daran vorbei, einen weiteren schrecklichen Aspekt der Trümmer von Urbistaris zu beschreiben.
Es mag durchaus Ebenenwanderer geben, die es mir eines Tages danken…
Seit Jahrhunderten halten sich nämlich die hartnäckigen Gerüchte, dass auch Götter auf dieser Ebene ihre Heimstadt haben.
Und angesichts der vorherrschenden Bedingungen auf Urbistaris scheint es nur allzu einleuchtend, dass dieses finstere und furchterregende Gottheiten sind.
Die Gottheit, die am ehesten mit der unendlichen Stadt in Verbindung gebracht wird, ist der gefürchtete Gondrakuul, Gottvater der Schwarzen Magie und des untoten Lebens.
Seit jeher erzählen sich die Nekromanten aller Ebenen vom legendären Turm des schwarzen Gottes, in dessen Inneren sich alle Geheimnisse dunkler Magie enträtseln lassen und wo man Antworten auf all’ seine Fragen erhält, wenn man Gondrakuuls Prüfungen besteht.
Die Suche nach diesem Ort hat schon Generationen von Schwarzmagiern beflügelt und immer wieder hört man von mächtigen Frauen und Männern, die sich auf dieses Wagnis einlassen.
Und ein Wagnis scheint es wahrhaftig zu sein, denn die Prüfungen sollen den Suchenden alles abverlangen, was ein sterblicher Magier an Können und Wissen aufbringen kann.
Lebend, so heißt es, kann man nicht zurückkehren, denn die Konfrontation mit dem Turm des Gondrakuul ist mit dem Leben nicht zu vereinbaren.
Jene, die sich ihres Gottes als würdig erweisen, kehren als mächtige Leichname zurück, doch die meisten verweilen dort, um sich an dem Hort des dunklen Wissen für die Ewigkeit zu laben.
Hat man den Turm der Leblosen Macht einmal verlassen, so erzählt man sich, wird man ihn niemals wieder finden können.
Ich persönlich bezweifle, dass Gondrakuuls Turm sich auf Urbistaris selbst befindet, aber es mag sein, dass es von dort einen Zugang zu einer Halbebene gibt, auf der der finstere Schutzpatron der Schwarzmagier und Nekromanten weilt.

Interessant ist auch die Tatsache, dass Benett, der geheimnisvolle Wunderwirker, Gott der Magie, des Fortschritts und der Neuerungen, auf mysteriöse Weise in Verbindung zu dieser bedrohlichen Ebene zu stehen scheint, die auf den ersten Blick so gar nicht zu seinem Einflussbereich zu passen scheint.
Bedenken sollte man allerdings, dass Benett der Schutzpatron aller Konstrukteure und Baumeister ist und was scheint da passender, als eine endlose Stadt, die selbst ein gigantisches, monströses Konstrukt darstellt?
Der angesehene Exaltiker Jorainus Glemm (674 – 761 n.K.) war der erste, der in einer der urbistarischen Bauten ein gewaltiges System von Zahnrädern und Flaschenzügen vorfand, die von Benetts magischer Signatur durchströmt waren.
Auch andere Gelehrte fanden Spuren, die Glemms Theorie untermauerten.
Der merkanische Wissenshüter Ferdilas Glavenholm berichtete nach seiner ersten Reise auf die Ebene (779 n.K.) von einer Gruppe mächtiger Eisengolems mit dem Symbol des Wunderwirkers, die er in einer von Untoten verlassenen Zone der gigantischen Stadt beobachtete.
Es ist bedauerlich, dass Meister Glavenholm von seiner zweiten Reise nach Urbistaris niemals zurückkehrte.

Von anderen Gottheiten, die auf Urbistaris weilen könnten, weiß ich nichts zu berichten, auch wenn man auf den Ebenen mit Sicherheit eine Vielzahl von Gerüchten über Urbistaris zu hören bekommt.
Die Morlocks von der Elementarebene der Erde behaupten beispielsweise, Ebenenwanderer ihres Volkes wären dort einst auf einen Avatar des Hoztrek gestoßen, doch was kümmern mich die Überlieferungen eines Volkes, dass zu primitiv ist, um seine Geschichten niederzuschreiben?
Mit Sicherheit vermag ich jedoch zu sagen, dass in den leblosen Hallen und Palästen der unendlichen Stadt neben den hier erwähnten Kreaturen noch eine Vielzahl von Wesen lauern, die bisher in keinem Reisebericht Erwähnung fanden.
Wer auch immer es wagt, seinen Fuß in die Trümmer von Urbistaris zu setzen, sollte die Bereitschaft mitbringen, dem Unbekannten ins Auge zu schauen.“


Bedingungen in den Trümmern von Urbistaris
„Wenn ich von den Trümmern reden höre, dann höre ich stets von den Gefahren durch Untote und Gargylen. Nur wenige Reisende scheinen allerdings zu erkennen, dass die wahren Gefahren dieser Ebene nicht die Klauen dieser Bestien sind. Es ist die Stadt selbst.“
- Ferdilas Glavenholm, merkanischer Wissenshüter und Angehöriger der Erleuchteten Seelen von Kimblatay

„Die endlosen Gemäuer von Urbistaris sind kein sonderlich einladender Ort für lebende Besucher, denn ein markantes Merkmal ist die Abwesenheit sämtlichen Lebens.
Dies ist ein wichtiger Aspekt für einen Besucher der unendlichen Stadt, denn man kann hier keinerlei Nahrung finden.
Es existieren dort keine Tiere, Pflanzen, Wasser oder fruchtbare Erde.
In den Trümmern von Urbistaris wächst nichts, nicht einmal Moose, Pilze oder Flechten.
Man findet hier nur Stein und trockene, tote Erde.
Vermutlich überleben dort nicht mal Krankheiten, mit Ausnahme solcher, die von ihren untoten Wirten übertragen werden.
Ein Ebenenwanderer, der den Fehler gemacht hat, ohne Proviant nach Urbistaris zu kommen oder über keine alternativen Möglichkeiten verfügt sich zu ernähren, wird dort innerhalb kurzer Zeit verhungern oder verdursten.
Ich habe von Reisenden gehört, die behauptet haben, tief in den unterirdischen Regionen der Stadt Wasservorkommen entdeckt zu haben, bei denen es sich wahrscheinlich um permanente oder temporäre Portale zur Ebene des Wassers handelte.
Ob diese Berichte der Wahrheit entsprechen, vermag ich nicht zu sagen.
Interessant sind auch die Auswirkungen der Ebene auf mitgebrachte Nahrung.
Proviant verdirbt etwa in doppelter Geschwindigkeit als es auf der Materiellen Ebene, obwohl die Zeit auf Urbistaris keinesfalls schneller verläuft.
Gleiches gilt für Wasser.
Nur magische Aufbewahrungsgegenstände können diesen Effekt verhindern.
Seltsamerweise schmeckt Essbares auf Urbistaris immer leicht verdorben.
Fleisch schmeckt faulig, Brot hart und trocken und Wein nimmt einen sauren Beigeschmack an, ganz gleich, wie frisch die Nahrung ist.

Auf Urbistaris existiert kein Wetter.
Es gibt keine Wolken oder Niederschläge, nur stetig heulende Winde in unterschiedlicher Stärke.
Die Schrecklichsten dieser Luftbewegungen sind gewaltige und zerstörerische Wirbelstürme, die ganze Straßenzüge dem Erdboden gleichmachen können.
Das Nahen dieser Zyklone ist das Einzige, was das ewige milchige Grau des Himmels zu verändern vermag.
Wenn ein Ebenenwanderer bemerkt, dass der Himmel einen seltsamen dunkelgrau-rötlichen Farbton annimmt und die Winde zunehmen, sollte er umgehend in unterirdischen Regionen der Trümmer Zuflucht suchen, denn die Stürme können so schrecklich wüten, dass sie einem Lebenden die Atemluft entreißen können.
Eine weitere Bedrohung für Besucher der Ebene stellen die regelmäßigen Beben dar, gewaltige Erdstöße, die ganze Viertel der Stadt zum Einsturz bringen können.
Ähnlich wie die Erdbeben auf der Materiellen Ebene treten diese Erschütterungen fast ohne Vorwarnung auf.
Oft sind diese Beben nur ein fast unbemerktes Zittern.
Diese geringen Erdstöße treten recht häufig auf und es vergeht kaum ein Tag auf der Ebene, an dem man diese nicht verspürt.
Wesentlich verheerender und deutlich gefährlicher für Reisende sind die großen Beben, die glücklicherweise wesentlich seltener auftreten.
Die gewaltigen Staubwolken, die durch die Wucht der Zerstörung durch die Häuserschluchten rollen, rauben einem Sicht und Atem.
Diese mächtigen Erschütterungen reißen gewaltige Spalten in den Boden und lassen es Stein regnen.
Schon mancher tapferer Ebenenwandler ist im Schlaf von einem solchen Beben überrascht und von riesigen Trümmern erschlagen worden.
Zum Schutz vor solchen Folgen sollten Reisende versuchen, auf möglichst freien Flächen zu rasten, auch wenn dies die Chance eines Überfalls durch Untote oder Gargylen drastisch erhöht.
Letztendlich muss jeder Besucher auf Urbistaris selbst entscheiden, welcher Art des Todes er am liebsten ins Auge blicken möchte.
Die Ursache der Erschütterungen ist mir unbekannt und ich weiß von niemandem, der versucht hätte, dieser Erscheinung auf den Grund zu gehen.
Einige Gelehrte vermuten, dass die Beben mit der unterirdischen Bewegung der Ulgusthraten in Zusammenhang stehen könnten, doch ich bezweifle das.
Wer einmal eines der gigantischen Beben erleben musste, wird anschließend kaum in Erwägung ziehen, dass eine Kreatur, so gewaltig sie auch sein möge, dafür verantwortlich sein könnte.

Himmelskörper jedweder Art sucht ein Besucher der Ebene vergeblich, was die Orientierung in der gigantischen Stadt deutlich erschwert.
Kompasse und andere Werkzeuge zum Bestimmen der Himmelsrichtungen funktionieren in den Trümmern nicht, doch Zeitmesser wie der merkanische Chronograph verrichten ihre Tätigkeit einwandfrei, denn die Zeit auf Urbistaris verläuft synchron zur Materiellen Ebene.
Dennoch erschwert der chaotische Zyklus von Tag auf Nacht die zeitliche Orientierung beträchtlich, denn ein Tag kann nur eine Viertelstunde andauern, während eine Nacht sich über Wochen hinziehen kann.
Bis auf die Abwesenheit des grauen Tageslichtes existiert kaum ein Unterschied zwischen Tag und Nacht.
Es herrscht zu jeder Tageszeit die gleiche unangenehme Kälte, die einem in die Glieder fährt und die man selbst an einem lodernden Lagerfeuer nicht gänzlich los wird.
In Gedanken an meine eigenen trostlosen Nächte in den Trümmern von Urbistaris kann ich jedem Reisenden nur empfehlen, auf Lichtquellen aller Art nach Möglichkeit vollständig zu verzichten.
Schon das Entzünden einer einzigen Fackel bringt das Leben eines Besuchers in beträchtliche Gefahr, denn das Licht wird zwangsläufig jede Kreatur der Umgebung anlocken.
Ich habe es stets vorgezogen, mein Lager in völliger Dunkelheit aufzuschlagen und meine Sicht auf magische Weise zu verbessern.
Was nützt einem schon die wohlige Wärme eines Feuers, wenn man dieses mit dem Leben bezahlt?

Was die örtliche Orientierung auf Urbistaris allerdings am bedeutendsten beeinträchtigt, ist das unheimliche Phänomen des Wandels.
Die Ebene scheint sich kontinuierlich zu erneuern und zu verändern.
Allerdings geschieht dies nie, wenn Lebende zugegen sind.
Wieso das so ist, vermag ich nicht zu sagen, doch ich habe es selbst erlebt.
Wenn man sich bei Einbruch der Dunkelheit einen markanten Punkt in Sichtweite zur Orientierung sucht, ist es gut möglich, dass dieser bei Anbruch des folgenden Tages verschwunden ist.
Es scheint, als würde eine unbekannte Macht ständig an dieser Stadt bauen und ewig ihre Pläne ändern.
Ich war schon mit Reisenden unterwegs, die mit Kreide ihre Pfade markierten, um dann auf dem Rückweg zu bemerken, dass dieser plötzlich durch eine massive Mauer versperrt war oder große Teile der Zeichen gänzlich verschwunden sind.
Eine mir bekannte Gruppe von Ebenenwanderern schickte bei einem Ausflug nach Urbistaris einmal Späher voraus, um einen Hinterhalt Untoter zu vermeiden, was sich als folgeschwerer Fehler erwies.
Obwohl die Kundschafter nur ein paar Straßen weiter gingen, fand die Gemeinschaft nie wieder zusammen.
Man sollte seine Gefährten auf Urbistaris aus vielerlei Gründen nicht aus den Augen lassen…
Nie habe ich von jemandem gehört, der eine dieser Veränderungen mit eigenen Augen gesehen hat, die scheinbar völlig lautlos vor sich geht.
Bei meiner Überquerung der Ebene im Jahre 794 n.K. waren wir durch die Verwundung eines unserer Begleiter gezwungen, mehrere Tage in einer Halle auszuharren, bis dieser sich soweit erholte, dass wir weiterziehen konnten.
Nach jeder Nacht war der Ausblick aus dem Tor des Gewölbes ein anderer, so als habe sich die Halle selbst von einem Ort zum anderen bewegt, was ich nicht völlig ausschließen könnte.
Das Innere des Raumes blieb jedoch die ganze Zeit völlig unverändert.
Auch wenn ich die Art und Weise dieser Wandlung nicht verstehe, erklärt sie doch, warum man kaum Spuren der gewaltigen Beben, der Wirbelstürme und der Ulgusthraten findet.
Urbistaris ständiger Verfall wird also nie durch völlige Zerstörung abgelöst, ganz gleich, wie gewaltig die Vernichtung ist.
Der ständige Wandel beinhaltet allerdings eine besondere Gefahr für Zauberkundige aller Art, die Teleportationszauber anwenden.
Ein großer Teil der Zauber erfordert, dass man sein Ziel schon einmal besucht oder nur gesehen haben muss.
Solange man sich zu einem Ort in Sichtweite teleportiert, ist ein solcher Zauber ungefährlich, doch sobald man sich beispielsweise an den Ort der letzten Rast begeben möchte, spielt man mit seinem Leben, denn man kann keinesfalls sicher sein, dass dieser Platz noch existiert.
Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass man sich in einer festen Mauer oder einer anderen Struktur materialisiert, was für die meisten Magier den sicheren Tod bedeuten würde.
Auch Erkenntniszauber und Ausspähungsvorrichtungen sind auf Urbistaris aus genannten Gründen nicht immer zuverlässig.
Strukturen, die von Lebenden errichtet werden, selbst solche, die aus Material bestehen, dass von der Ebene stammt, werden von dem Wandel nicht betroffen.
Es ist, als würde die Anwesenheit von Leben dieses Phänomen vollständig unterdrücken.
Der ständige Wandel ist wahrhaftig eine der unheimlichsten Eigenschaften von Urbistaris und eine anspruchsvolle Herausforderung für jeden Besucher dieser Ebene.

Zum Schluss sei von den Reichtümern der unendlichen Stadt gesprochen, die schon so viele gierige Abenteurer in den sicheren Tod lockten.
Ich habe diesen Abschnitt mit Absicht an das Ende meiner Abhandlung über die Ebene gesetzt, damit jeder Leser weiß, auf welche Gefahren er sich einlässt und genau abschätzen kann, ob die Reichtümer der Trümmer die mannigfaltigen Bedrohungen aufwiegen.
Urbistaris ist voller Schätze.
Die unheimlichen Fresken der Gebäude sind mit Platin und goldenen Intarsien verziert und in den fremdartigen Mosaiken, die vielerorts Wände und Fußböden schmücken, sind Perlen und Edelsteine eingefasst.
Ich habe Säulen gesehen, die mit geschliffenen Kristallen gespickt waren und Torbögen aus purem Silber.
Überall in den Trümmern kann man Rubine und Smaragde finden und sogar ganze Barren aus Edelmetallen wie Mithril und Schwarzgold liegen unbewacht in einsamen Kammern, so als würden sie nur darauf warten, von Abenteurern gefunden zu werden.
Münzen unbekannter Form und Prägung liegen wie Kieselsteine verstreut in den unendlichen Straßen und in manchen Ecken oder in den Nischen unter marmornen Treppen finden sich ganze Haufen davon.
Auch Kunstgegenstände wie Schmuck, goldene Pokale oder sogar Waffen liegen auf steinernen Tafeln oder unter Haufen von Schutt.
All diese Dinge sind meisterhafte Arbeiten geheimnisvoller Herkunft.
Ich habe nie ein Schmuckstück von Urbistaris gesehen, dessen Aussehen man einer bekannten Kultur der Ebenen, sei es einer lebenden oder einer längst vergangenen, zuordnen könnte.
Fremdartig sind diese Fundstücke und doch sind sie allesamt von einer unheimlichen Schönheit.
Allerdings kann diese Schönheit auch trügerisch sein, denn ich habe schon häufig davon gehört, dass ein Teil der Reichtümer von Flüchen beladen ist und seine Besitzer in den sicheren Untergang zu treiben vermag…

Es scheint, als würde es in den unterirdischen Regionen der Ebene bedeutend mehr Schätze geben, als an der Oberfläche, was allerdings keinesfalls bedeutet, dass das Vorkommen dort spärlich sei.
Überhaupt habe ich nie Regionen vorgefunden, die geplündert wirkten und keine Reichtümer vorzuweisen hatten.
Der Wandel scheint dafür zu sorgen, dass Urbistaris’ Schatzkammern niemals versiegen.
Generationen von Gelehrten haben sich über die Herkunft dieser Schätze schon die Köpfe zerbrochen, doch genauso gut könnte man sich über den Ursprung von Urbistaris selbst Gedanken machen, was ich persönlich für reine Zeitverschwendung halte.
Es scheint, als wären diese Schätze ein natürlicher Bestandteil der Ebene, ähnlich den Bäumen und Büschen der Materiellen Ebene, deren Herkunft niemand hinterfragt.
Allerdings erscheint mir die Existenz dieser Dinge auf unheimliche Art wie der Köder einer gewaltigen Falle.
Wie der betörende Duft des Sonnentaus Insekten in seine Fänge lockt, ziehen die Reichtümer von Urbistaris Horden von Abenteurern und Schatzsuchern auf die Ebene und nur all zu oft ins sichere Verderben.
Es ist, als ernähre sich die unheimliche Stadt durch den Schrecken, die Verzweiflung und das Sterben in ihren steinernen Eingeweiden auf eine bösartige Weise.
Schon häufiger habe ich gehört, dass die Untoten und die Gargylen die Schätze für ihre Hinterhalte nutzen.
Sie schichten gewaltige Haufen von Reichtümern auf und warten dann auf Lebende, die sich blind vor Gier in die Falle stürzen.
Einige dieser Kreaturen schmücken sich selbst mit den prächtigen Wertgegenständen und ich muss sagen, dass ich beim Anblick rasender Ghule, behängt mit silbernen Diademen und diamantbesetzten Ketten und Armreifen, deutlich mehr Grauen empfand.
Vielleicht liegt es an der ironischen Tatsache, dass dieses Bild wirkt, als sei es für gierige Schatzsucher ein Ausblick ins eigene Schicksal, denn ich nehme an, dass fast alle diese untoten Monster früher Sterbliche waren, die von dem Versprechen unermesslichen Reichtums nach Urbistaris gelockt wurden.
Was für ein verhängnisvoller Ort…
Ich selbst habe bei meinen letzten Überquerungen der Ebene nicht eine Münze angerührt, denn der Gedanke an all’ die Opfer ihrer Gier ließ mich schaudern.
Ob allerdings ein Ignorieren der unermesslichen Reichtümer die Wahrscheinlichkeit des Überlebens auf Urbistaris erhöht, vermag ich nicht zu sagen.
Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass das Plündern der Ebene nicht unweigerlich ins Verderben führt, denn ich kannte schon viele umsichtige Ebenenwanderer, die nach einem Besuch von Urbistaris bis zum Ende ihrer Tage im Überfluss schwelgten.
Allerdings scheint es so, als ob ein geglückter Beutezug auf Urbistaris fast unweigerlich eine zweite Reise dorthin nach sich zieht…“

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